Wenn Architekten Geschichten erzählen
Illustrierungen und Visualisierungen haben schon immer eine wichtige Rolle bei Architekturentwürfen gespielt. Der Grund dafür ist, dass man mit einer Bebilderung Emotionen wecken kann, die eine technische Zeichnung so nicht erreicht. Während der emotionale Faktor bei der Planung eines Einfamilienhauses noch recht gering ist, spielt er bei Großprojekten und vor allem bei Wettbewerben eine große Rolle.
Architekten haben deswegen begonnen, mit ihren Visualisierungen Geschichten zu erzählen. So ist es zum Beispiel entscheidend, ob ein virtueller Rundgang in einem neuen Einkaufszentrum aus der Perspektive einer Person oder einer Familie gemacht wird. Ein Hotelpool sieht in der Planung beim Sonnenaufgang oder -untergang schöner aus als in der prallen Mittagssonne.
Welche Story will man verkaufen?
Aus diesem Grund überlegen sich Architekten zusammen mit den Projektentwicklern, welche Geschichte sie bei einer Visualisierung erzählen wollen. Das hängt zu einem großen Teil davon ab, wie man das Objekt positionieren will. Bei Wettbewerben ist es zum Beispiel wichtig, die Meinungen der verschiedenen Stakeholder gut zu kennen. Will eine Gemeinde ein neues Stadtzentrum bauen, dann wird man bei der Visualisierung nicht zu futuristisch sein, weil Politiker dazu neigen, allzu große Veränderungen abzulehnen. Geht es aber um ein neues Gebäude, das auch eine architektonische Besonderheit darstellen soll, wird man beim virtuellen Rundgang oft nach oben schauen, um es groß und bedeutend darzustellen, und viel mit Gegenlichtaufnahmen und sich spiegelnden Sonnenstrahlen arbeiten, die in Filmen oft für die Darstellung von Helden eingesetzt werden.
Bei einer Industrieanlage ist hingegen meistens vornehme Zurückhaltung angebracht. Hier steht die Technik im Vordergrund, und man will darstellen, wie gut die Maschinen zusammenarbeiten, nicht aber schmückendes Beiwerk haben. Wobei in einem solchen Fall ein vorbeifahrender Gabelstapler zum Beispiel auch zeigen kann, dass in dem Gebäude genug Platz dafür ist.
Mit Bildern arbeiten heißt immer, unterschwellig Emotionen zu wecken und den Betrachter somit in eine bestimmte Richtung zu lenken, auch wenn dieser das nicht immer bemerkt. Deswegen haben Architekten auch eine besondere Verantwortung.